Auf Kurs Zukunft: Maritime Transformation – Wegbereiterin für die Zukunft

Konferenz über Automation, Digitalisierung und Dekarbonisierung zur Sicherung der maritimen Souveränität, der Versorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
16.06.2023

Deutschland muss seine maritime und damit auch nationale Souveränität sichern und weiter stärken. Dafür will die maritime Wirtschaft zum internationalen Treiber der Transformation in den Bereichen Automation, Digitalisierung und Dekarbonisierung werden und den Klimawandel begrenzen. Wichtig ist dabei, das maritime Know-how zu erhalten und zu steigern. Wie dies zu erreichen ist, welche Schritte die maritime Branche, aber auch Politik, Verwaltung und Wissenschaft aktiv beschreiten müssen, diskutierten etwa 100 Teilnehmer*innen auf der Tagung „Maritime Transformation – Wegbereiterin für die Zukunft“ des Deutschen Maritimen Zentrums (DMZ) im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) in Berlin.

Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin im BMDV sagte in ihrem Grußwort, dass Deutschland als außenhandelsorientiertes Land auf eine leistungsstarke, international wettbewerbsfähige maritime Wirtschaft angewiesen ist. Die maritime Branche in ihrer Gesamtheit aus Schiffbau, Zulieferern, Häfen und Schifffahrt ermögliche Deutschland Handel, Produktion und Dienstleistung und trage zur Wahrung der nationalen Souveränität bei. Darum, so Kluckert, müssen die deutschen Werften auch weiterhin wettbewerbsfähig produzieren können, um die Vorreiterrolle in der Technologie aufrechtzuerhalten. Die Seeschifffahrt sei ein unverzichtbarer Bestandteil der globalen Logistikketten. „Der Übergang auf nachhaltige alternative Kraftstoffe ist essenziell für eine tiefgreifende Dekarbonisierung des internationalen Seeverkehrs. Deutsche Häfen sind wichtige Energiehubs,“ so die Staatssekretärin.

Kluckert betonte, dass „die Themenschwerpunkte des DMZ aktueller sind denn je: von alternativen Kraftstoffen und autonomen maritimen Systemen über Nachwuchsgewinnung bis hin zu Wettbewerbsfähigkeit und regulatorischer Entwicklung.“ Mit dem Angebot diverser Veranstaltungsformate sei dafür gesorgt, dass alle Akteure – so wie auf der Konferenz im BMDV – miteinander ins Gespräch kommen. Sie versprach: „Ich werde den weiteren Weg des DMZ, dessen Arbeit und Expertise ich sehr schätze, mit großer Aufmerksamkeit verfolgen.“

In ihrer Keynote „Maritime Branche – wohin?“ motivierte Dr. Monika Griefahn, Umweltministerin Niedersachsen a.D. (Vorstandsvorsitzende eFuel Alliance e.V.) die Wirtschaft, sich noch aktiver in den Transformationsprozess hin zu klimafreundlichen Technologien einzubringen. „Ich kenne die maritime Branche gut und weiß, dass sie in der Lage ist, Umwelt- und soziale Kompetenzen zügig einzubringen. Es ist unumgänglich, dass die Branche weltweit auf Defossilisierung setzt“, so Griefahn. Es sei davon auszugehen, dass es zukünftig nicht nur einen, sondern viele alternative Kraftstoffe und Energieträger geben werde. Griefahn verwies auf das Engagement einzelner Unternehmen „in Zeiten begrenzter Rohstoffe in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen“. Nicht zuletzt machte sie deutlich, dass eine Verschiebung zahlreicher Arbeitsstellen zu erwarten sei, denn „Automation, Digitalisierung und KI bedeuten eine Veränderung des Arbeitsmarktes und erfordern neue Fähigkeiten und gut qualifizierte Fachkräfte“. Eine Qualifizierungsoffensive unter guten Rahmenbedingungen sei nötig.

In vier Impulsen positionierten sich die Vertreter*innen aus den Bereichen Schiffbau, Schifffahrt, Häfen/Infrastruktur und Maritime Dienstleistungen.

Harald Fassmer, Präsident des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik e.V. (VSM), sagte in seinem Impuls, dass es wichtig sei, die diversen maritimen Landschaften in Deutschland stärker zusammenzubringen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, um maritimen Themen mehr Schlagkraft zu geben. Die maritime Wirtschaft liefe sonst Gefahr, einzeln nach und nach ihre Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Er betonte: „Die maritime Energiewende ist nicht, wie oft zu hören, in erster Linie eine Frage des Antriebssystems oder von Kraftstoffen. Entscheidend für die Zielerreichung ist die Effizienz des Gesamtsystems Schiff. Das ist in all seinen Facetten gut für die deutsche maritime Industrie. Denn billig ist nicht unsere Stärke, Effizienz aber sehr wohl!“

Dr. Gaby Bornheim, Präsidentin des Verbands Deutscher Reeder (VDR), betonte, dass ein rohstoffarmes Land wie Deutschland einen „gefestigten Zugang zum Seehandel und eine stetige Zufuhr der Rohstoffe für die angestrengte Transformation benötigt“. Die Seeschifffahrt sei zugleich „Schlüssel und Schloss für die CO2 neutrale Zukunft“. Sie appellierte, die Produktion klimaneutraler Kraftstoffe und die dazugehörigen Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. „Für die maritime Energiewende braucht es marktreife Technologien, die kommerziell einsetzbar und für eine breite Masse an Schiffen weltweit zugänglich sind“, so Bornheim.

Prof. Dr. Sebastian Jürgens, Vizepräsident des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe e.V. (ZDS), betonte in seinem Impuls, dass sich die Hafenwirtschaft als aktiver Treiber von Verkehrs- und Energiewende verstehe, und zwar weit über die maritime Branche hinaus. Er sagte: „Wir müssen als Gesellschaft und als Politik deutlich schneller und besser darin zu werden, unsere Zukunftspläne umzusetzen.“ Er forderte, dass sich der Bund zu seiner Verantwortung bekennen müsse: „Die nationale, gar europäische Dimension der Transformationsprozesse zeigt deutlich, dass Hafeninfrastruktur nicht allein Aufgabe von Ländern und Kommunen an der Küste sein kann.“ Deshalb sein es wichtig, in der Nationalen Hafenstrategie klare, ehrgeizige Ziele zu formulieren.

Der Vorstandsvorsitzende des Zentralverbands Deutscher Schiffsmakler e.V. (ZVDS), Jens B. Knudsen, bekräftigte die Wichtigkeit einer funktionierenden Infrastruktur zur Erlangung der Dekarbonisierung. Sie sei der Schifffahrt ein richtiges und wichtiges Ziel. Es sei unbestritten, so Knudsen, „dass der schiffsgestützte Güterverkehr gemessen am Volumen die umwelt- und klimafreundlichste Transportart ist.“ Er warnte: „Sollten diese Mengen auf andere Transportsysteme wie z.B. Lkw oder Schiene verlagert werden, ist der Klimawandel nicht mehr zu stoppen und nicht nur die Lieferketten brechen zusammen. Deshalb muss allen Beteiligten klar sein: No Shipping – No Klimaschutz.“ Als Voraussetzung zur Erreichung der Ziele forderte Knudsen eine leistungsfähige Infrastruktur. Der Bund müsse hierzu große Anstrengungen unternehmen und die zuständigen Behörden mit angemessenen Personal- und Finanzmitteln ausstatten.

Anschließend wurde diskutiert, wie die deutsche maritime Branche bei der notwendigen Transformation international eine Vorreiterrolle einnehmen kann. Die gilt insbesondere im Hinblick auf Entscheidungen, welche Antriebssysteme zukünftig zu nutzen sind, wie das vorhandene Personal gewonnen, weiter qualifiziert und mit „Green Skills“ ausgestattet werden kann. Politik und Verwaltung sind gefragt, wenn es um die zukünftigen Emissions- und Treibstoffvorschriften geht. Die Teilnehmer*innen waren sich einig, dass die großen Herausforderungen verbandsübergreifend in enger Kooperation mit Politik, Verwaltung und Sozialpartnern gestemmt werden müssen.

Der zweite Teil der Veranstaltung begann mit einem Statement von Dieter Janecek, dem Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Tourismus im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Er unterstrich, dass mit dem beschleunigten Ausbau der Offshore-Windenergie enorme Chancen für den maritimen Wirtschaftsstandort Deutschland verbunden seien. „Der Aufbau von Produktionskapazitäten für Offshore-Wind hilft uns Abhängigkeiten zu reduzieren und birgt gewaltige Wertschöpfungspotenziale“, so Janecek. Es seien Konverterplattformen, Turbinen, Fundamente und Offshore-Spezialschiffe in großer Zahl vonnöten. Die Bundesregierung arbeite intensiv an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Produktionshochlauf, beispielsweise beim Thema Finanzierung. Janecek betonte, dass das Thema Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften zentral für das Überleben der maritimen Wirtschaft, aber auch für das Erreichen der Ziele bei der Energiewende ist. „Daher müssen wir Studien- und Ausbildungsplätze erhalten und möglichst ausbauen und gezielte Zuwanderung erleichtern. Das im März vom Kabinett beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist dabei ein wichtiger Schritt“, so der maritime Koordinator.

In der anschließenden Paneldiskussion diskutierten Metin Hakverdi MdB (SPD), Dieter Janecek, Dr. Iven Krämer (Hochschule Bremen), Marita Krems (MAN Energy Solutions), Frank Schäffler MdB (FDP) und Maja Schwiegershausen-Güth (ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) über die „Transformation der maritimen Arbeit“.

Themenschwerpunkte waren: Freiheit des Wettbewerbs, Technologieoffenheit und Förderung digitaler Strukturen; Transformation zu alternativen Kraftstoffen mit parallelen Lösungen in Übergangszeiten; soziale und wirtschaftliche Herausforderungen des Transformationsprozesses an eine resiliente, zukunftsfähige maritime Wirtschaft; fehlendes gut ausgebildetes, qualifiziertes Personal; Verschlankung der Regularien. Übereinstimmung herrschte hinsichtlich der wichtigen Rolle der maritimen Wirtschaft bei der Versorgungssicherheit und Erhaltung des Wohlstands, der Gewährleistung der maritimen Souveränität und des Gelingens der Energiewende.

Claus Brandt, Geschäftsführer des DMZ resümierte: „Es ist eine unserer Aufgaben alle Akteure der maritimen Branche miteinander ins Gespräch und in den Austausch zu bringen. Das ist bei dieser Konferenz sehr gut gelungen. Ich freue mich über den Konsens der Teilnehmer*innen, die Transformation voranzutreiben und sich gemeinsam für den Erhalt der maritimen Souveränität, des maritimen Know-hows einzusetzen. Die Verbände wollen noch mehr Eigeninitiative zeigen, die Politik will die Rahmenbedingungen verbessern und einen Schutzmechanismus der wirtschaftlichen Stabilität und politischen Sicherheit schaffen. Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, die Zukunft zu gestalten und die Erderwärmung einzudämmen.“

Rufen Sie mich gerne an, wenn Sie Rückfragen zur Veranstaltung haben. Gerne stellen wir den Kontakt zu den Rednerinnen und Redner her.

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Bilder: © D.M.Deckbar/Deutsches Maritimes Zentrum

V.l.n.r.: Harald Fassmer, Prof. Dr. Sebastian Jürgens, Claus Brandt, Dr. Monika Griefahn, Daniela Kluckert, Dr. Gaby Bornheim, Jens B. Knudsen

V.l.n.r.: Frank Schäffler, Maya Schwiegershausen-Güth, Dr. Iven Krämer, Minou Amir-Sehhi, Dieter Janecek, Marita Krems, Metin Hakverdi, Claus Brandt