Gutachten zum Wasserrecht

Eine leistungsstarke und verfügbare Infrastruktur ist das Rückgrat der maritimen Wirtschaft. Bei allen Ausbaumaßnahmen für die maritime Infrastruktur kommt dem Wasserrecht wesentliche Bedeutung zu.
24.09.2019
Dr. Regine Klose-Wolf

Dr. Regine Klose-Wolf

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Das Deutsche Maritime Zentrum hat im Frühjahr 2019 ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die geltenden Regelungen des deutschen Wasserrechts im Hinblick auf eine mögliche Novellierung untersuchen sollte. Ziel des Gutachtens ist es, Handlungsfelder im Bereich des Wasserrechts zu identifizieren, in denen die Anwenderfreundlichkeit optimiert, der Planungs- und Genehmigungsvollzug beschleunigt und die Wettbewerbsfähigkeit des maritimen Standorts unter Aufrechterhaltung eines hohen ökologischen Standards gesteigert werden können.

Das Gutachten betrachtet die wesentlichen wasserrechtlichen Regelungen, insbesondere zur Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer und des Grundwassers, zur Abwasserbeseitigung, zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, zum Hochwasserschutz, zu Wasserschutzgebieten und zu Gewässerschutzbeauftragten. Angesichts der Bedeutung des Wasserrechts sind die Ergebnisse nicht nur für die maritime Branche relevant, sondern auch für andere Bereiche wie den Baubereich oder die Landwirtschaft. Untersucht wurden die nationalen Regelungssysteme unter Beachtung unionsrechtlicher Vorgaben.

Zu den zentralen Empfehlungen des Gutachtens im Hinblick auf die maritime Wirtschaft zählen:
1. Konkretisierungen des Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots gesetzlich festschreiben und fortentwickeln

Das Gutachten empfiehlt, die in der Rechtsprechung des BVerwG und des EUGH erreichten, Konkretisierungen der Vorgaben des Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots in Zulassungsverfahren (z.B. in Baugenehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren für Straßen, Schienenwege oder Hafenanlagen) festzuschreiben. Dies würde die Anwenderfreundlichkeit erhöhen und einen einheitlicheren und rechtssicheren Vollzug gewährleisten. Der Begriff der Verschlechterung sollte legaldefiniert und dabei festgeschrieben werden, dass negative Veränderungen des Gewässerzustands, die messtechnisch nicht erfassbar sind oder nur kurzfristig oder nur lokal auftreten, keine Verschlechterung darstellen. Daneben lässt der unionsrechtliche Rahmen auch Raum für gewisse Fortentwicklungen durch den deutschen Gesetzgeber, etwa eine geringfügige Ausweitung der Ausnahmevorschriften und die Einführung eines gestuften Prüfverfahrens.

2. Vorgaben zur Erteilung wasserrechtlicher Gestattungen konkretisieren und verschlanken

Empfohlen wird, die Genehmigungsverfahren für Gewässerbenutzungen – etwa für Einleitungen in Gewässer oder die Entnahme, das Aufstauen, Absenken und Ableiten von Wasser – bei Verlängerungen bestehender Bewilligungen und Erlaubnisse zu verschlanken und eine klarere Abgrenzung zu anderen Zulassungsverfahren vorzunehmen. Zudem sollte verdeutlicht werden, unter welchen konkreten Voraussetzungen die im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) neu eingeführte gehobene Erlaubnis, die dem Gewässerbenutzer eine gegenüber der einfachen Erlaubnis gesichertere Rechtsposition verleiht, zu erteilen ist.

3. Wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren beschleunigen und optimieren

Zur Verfahrensbeschleunigung und zur Steigerung der Akzeptanz für Vorhaben des Gewässerausbaus wird empfohlen, die Öffentlichkeitsbeteiligung in rein elektronischer Form durchzuführen, einen nur fakultativen Erörterungstermin und die Möglichkeit der Bestellung von Projektmanagern vorzusehen. Ein bereits vor der Zulassungsentscheidung liegender Stichtag sollte als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage festgeschrieben werden können.

4. Anforderungen für den Umschlag von wassergefährdenden Stoffen praktikabel ausgestalten

Es wird eine Präzisierung der bundesrechtlichen Privilegierung von Umschlaganlagen vorgeschlagen. So sollen z.B. für Anlagen zum Be- und Entladen von Schiffen geringere Anforderungen an die technischen und betrieblichen Anforderungen zur Rückhaltung wassergefährdender Stoffe gelten. Daneben werden Änderungs- und Klarstellungsbedarfe zu Umschlaganlagen und Anlagen des intermodalen Verkehrs – dies sind Anlagen, die dem Transport von Gütern mit zwei oder mehreren Verkehrsträgern dienen – identifiziert. Hierbei geht es etwa um Konkretisierungen für die transportbedinge kurzfristige Zwischenlagerung von Umschlaggütern und (leicht) wassergefährdenden Schüttgütern sowie für die Verkehrsflächen der Umschlaganlagen, auf denen lediglich die Transportfahrzeuge wie Lastkraftwagen oder Güterzüge rangieren.

5. Planungsrechtliche Anforderungen für Hafenanlagen in Überschwemmungsgebieten erleichtern

Es wird vorgeschlagen, das wasserhaushaltsrechtliche Planfeststellungserfordernis auch auf trimodale Hafenanlagen zu erweitern. Dies würde die Planungssicherheit z.B. für Containerterminals an Gewässern, die dem wechselseitigen Güterumschlag zwischen Schiffen, Güterzügen und Lastkraftwagen dienen, erhöhen und zugleich den Planungsaufwand reduzieren. Zudem wird vorgeschlagen, bei Baumaßnahmen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten, die das Aufnahmevolumen von Überschwemmungsflächen oder das Abflussverhalten in Hochwassersituationen negativ beeinträchtigen, sogenannte Retentionsraumkonten nutzen zu können. Dies würde es ermöglichen, früher erfolgte Maßnahmen mit positiven Auswirkungen auf die Überschwemmungsflächen im Genehmigungsverfahren anrechnen zu können.

Zentrale Thesen des Gutachtens wurden im Juni 2019 auf einer Fachveranstaltung mit Experten aus Umwelt- und Wirtschaftsbehörden, Ministerien, Umwelt- und Wirtschaftsverbänden sowie aus Politik und Wirtschaft diskutiert. Die Diskussionsergebnisse wurden in das Gutachten einbezogen.

Mit der Erstellung des Gutachtens war die Sozietät Redeker Sellner Dahs beauftragt. Das Gutachten liegt seit August 2019 vor und ist unter Veröffentlichungen verfügbar.

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