Hanna Maurer
Referentin Soziale Medien für die Maritime Branche
Telefon: +49 40 9999 698 - 82
E-Mail: Maurer[at]dmz-maritim.de
Branchenübergreifend sind Unternehmen mit der demografischen Entwicklung und dem steigenden Nachwuchs- und Fachkräftemangel konfrontiert. Die mittelständisch geprägte maritime Branche muss sich neu erfinden, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Steigende Klima- und Umweltanforderungen, Automatisierung und Digitalisierung sowie der demografische Wandel fordern die Unternehmensorganisation und -kultur heraus. Zur Gestaltung der Transformation braucht es geeignete Mitarbeitende. Doch wie gehen maritime Arbeitgeber*innen mit der branchenübergreifenden Konkurrenz um Auszubildende, Studierende sowie angehende Fach- und Führungskräfte um? Wie gewinnen sie Bewerber*innen für sich?
Moderne Kommunikationskanäle wie Social Media und das Internet können hilfreich für die erfolgreiche Gewinnung von jungen Talenten sein. Viele maritime Akteur*innen setzen sie jedoch noch nicht zielgerichtet ein. Onlinemedien spielen als zentrales Informations- und Austauschwerkzeug eine wichtige Rolle: Für die maritimen Arbeitgeber*innen besteht Aufholbedarf bei der sichtbar(re)en Positionierung im Online-Bereich und bei der gezielten Ansprache potenzieller Bewerber*innen, um in einem angespannten Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Vor diesem Hintergrund hat das Deutsche Maritime Zentrum im August 2023 die nexum AG mit der Erstellung von acht ausgewählten Candidate Personas (Profile idealtypischer Kandidat*innen) für die maritimen Teilsegmente Häfen- und Terminalbetrieb, Schifffahrt, Schiffbau, Offshore und Meerestechnik beauftragt. Persona-Profile liefern hilfreiche Anhaltspunkte zum Informationsverhalten, zu Erwartungen und Motiven der Zielgruppen. Sie ermöglichen es, die Online-Ansprache neuer Mitarbeitender passender und erfolgreicher zu gestalten.
Wie die Ansprache über digitale Kontaktpunkte gelingen kann, soll anhand idealtypischer Candidate Journeys erarbeitet werden. In diesem Konzept denken die Personalverantwortlichen aus der Perspektive der Bewerber*innen/Kandidat*innen. Es dient der Gewinnung von Arbeitnehmenden und der zielgruppenspezifischen Gestaltung der Kontaktpunkte von der ersten Aufmerksamkeit, über Stellenausschreibungen bis hin zum Bewerbungs- und Onboardingprozess.
Studie
Im Oktober und November 2023 fanden Workshops mit Personalverantwortlichen und Nachwuchskräften aus maritimen Organisationen statt, in denen Berufe definiert wurden, die für die Branche besonders relevant und vom Nachwuchsmangel betroffen sind. Persönliche Interviews mit Auszubildenden und Studierenden halfen, die untersuchungsbasierten Persona-Steckbriefe mit Leben zu füllen und zielgruppengerechte Candidate Journeys sowie praktische Handlungsempfehlungen zu entwickeln.
Übergeordnetes Ziel ist es, die Entscheider*innen insbesondere kleiner, mittelständischer und familiengeführter maritimer Unternehmen für die Online-Ansprache geeigneter Kandidat*innen zu sensibilisieren und ihnen konkrete Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Gestaltung und Optimierung ihrer Online-Kommunikation entlang der Candidate Journey zu geben – auch mit kleinem Budget.
Für acht Berufe wurden prototypenhaft passende Persona-Steckbriefe und geeignete Candidate Journeys entwickelt. Diese haben weder den Anspruch noch den Auftrag, unternehmensspezifische Lösungen zu bieten.
Die Ergebnisse der Studie sollen Kommunikations- und Personalverantwortlichen eine Grundlage bieten, die sie bezogen auf ihre Unternehmenskultur und -marke anpassen können. Mit Best-Practice-Beispielen von Stellenanzeigen über Social-Media-Themen bis hin zur generellen Gestaltung von Webseiten-Inhalten werden die Handlungsempfehlungen praxisnah veranschaulicht.
Fragestellungen:
- Welche Kandidat*innen suchen die maritime Branche bzw. die Teilsegmente Hafen- und Terminalbetrieb, Schifffahrt, Schiffbau, Meerestechnik und Offshore?
- Bei welchen Positionen ist der Personalbedarf bei der (Nach-)Besetzung am größten und eine digitale Candidate Journey daher am dringendsten erforderlich?
- Welches sind die acht branchenweit bedeutsamsten Candidate Personas?
- Welches sind die wichtigsten digitalen Kontaktpunkte (Webseite, Social Media, Messenger etc.) auf der Candidate Journey?
- Mit welchen Inhalten können maritime Unternehmen die Kandidat*innen in welcher Phase online abholen?
- Wie lassen sich potenzielle Kandidat*innen, die bisher keine Berührungspunkte zur maritimen Branche hatten, (mit digitalen Mitteln) erreichen?
Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
Mit Unterstützung der maritimen Verbände VDR, VSM, ZDS und ZVDS konnten engagierte Vertreter*innen aus den Organisationen aus Hafen- und Terminalbetrieb, Schifffahrt, Schiffbau, Offshore und Meerestechnik gewonnen werden. Diese waren maßgeblich beteiligt, die folgenden Berufsfelder zu identifizieren, deren zukünftige (Nach-)Besetzung in der maritimen Branche als schwierig gilt:
- Elektroniker*in (Fachrichtung Automatisierungs- und Systemtechnik)
- Fachinformatiker*in
- Konstruktionsmechaniker*in (Metall-/Schiffsbautechnik)
- Mechatroniker*in
- Schiffbauingenieur*in
- Schifffahrtskaufleute
- Schiffsmechaniker*in/Offizier*in
- Wirtschaftsingenieur*in Maritime Wissenschaften (Zielbranche: Offshore)
Die Zielgruppen kennenlernen und verstehen
Von Ahmed über Torben bis Valentina – die acht idealtypischen Personas der Auszubildenden und Studienabsolvent*innen sind im Alter um die 20 Jahre. Sie sind in eine digital geprägte Informations- und Medienwelt hineingeboren und gewohnt, sich mit wenigen Klicks im Internet zu informieren, zu kommunizieren und Produkte zu kaufen.
Je nach persönlichen Eigenschaften und Präferenzen variieren die Kommunikationskanäle und inhaltlichen Interessen der Personas. Daraus lassen sich Hinweise ableiten für die sogenannte Candidate Journey, die Reise von der ersten Aufmerksamkeit für Unternehmen und Institutionen bis zur Bewerbung auf konkrete Ausbildungs- und Studienplätze sowie Stellen. Um die Nachwuchstalente auf dieser Reise abzuholen, gilt für maritime Organisationen, die relevanten Touchpoints und Themen bei der Prozessgestaltung und Kommunikation zu berücksichtigen.
Was maritime Arbeitgeber*innen grundsätzlich bei der Ansprache der acht Personas und der Gestaltung ihrer Kommunikationsmaßnahmen beachten können, ist in den folgenden Handlungsempfehlungen zusammengefasst:
Die wichtigsten Touchpoints berücksichtigen
Um junge Menschen für die genannten Berufe in der maritimen Branche zu gewinnen, wurden die folgenden Touchpoints als besonders relevant für die Unternehmenskommunikation identifiziert:
- Internetauftritt des Unternehmens mit transparenten Einblicken in Unternehmenskultur und stellenspezifische Aufgaben.
- Suchmaschinenmarketing in Form von suchmaschinenoptimierten Texten und Suchmaschinenanzeigen, um eine hohe Reichweite der Inhalte zu erzielen.
- Bewegtbild als beliebtestes Format der jungen Zielgruppen mit emotional ansprechenden Informationen über die maritime Branche und deren Berufsfelder.
- Social-Media-Kanäle wie Instagram, LinkedIn, TikTok und Co. sowie Messenger-Dienste nutzen.
- Aktivitäten zur Berufsorientierung an und für Schulen anbieten.
- An Orten mit maritimem Bezug (z.B. Wassersportvereine, Häfen, Fährterminals) sichtbar werden – sie sind als Touchpoint wichtig, da das private zu einem beruflichen Interesse führen kann.
Nachwuchstalente mit relevanten Inhalten ansprechen
In den Phasen der Berufsorientierung, der Ausbildung und des Berufsstarts in der maritimen Branche fühlen sich junge Menschen besonders von Informationen zu den folgenden Themen angesprochen:
- Umweltschutz und Nachhaltigkeit – die Nachwuchstalente achten darauf, wie sich Arbeitgeber*innen dazu positionieren und wünschen sich, einen positiven Beitrag leisten zu können.
- Die Internationalität ist ein Anreiz zur Bewerbung, um Teil dieser weltweit systemrelevanten Branche zu sein.
- Informationen zu Unternehmenswerten im Sinne einer kollegialen Zusammenarbeit.
- (Flexible) Gestaltung der Arbeitszeit, Stichwort Work-Life-Balance.
- Gehaltsperspektiven und finanzielle Sicherheit.
- Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten.
Den Bewerbungsprozess optimieren
In digitalen Medien ist es wichtig, Informationen schnell verfügbar zu machen. Je weniger Klicks und je klarer die Kommunikation, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Bewerber*innen dranbleiben. Junge Menschen wünschen sich:
- Hinweise zu Ansprechpartner*innen mit Kontaktmöglichkeiten.
- Transparente Darstellung des Bewerbungsprozesses in Bezug auf Ablauf und Dauer.
- Schlanke Abläufe beim Bewerben und in der Phase des Vorstellens und Kennenlernens.
- Realistische Jobbeschreibungen.
- Die Möglichkeit zur Onlinebewerbung.
- Transparente Darstellung der Karrierepfade.
- Möglichkeiten für Praxiseinblicke und -erfahrungen (z.B. über Praktika).
Weitere Anhaltspunkte zur geeigneten Ansprache der einzelnen berufsbezogenen Personas finden Interessierte in der ausführlichen Studie.
Ausblick
Wir möchten Personal- und Kommunikationsverantwortliche maritimer Organisationen dabei unterstützen, die Aufmerksamkeit und das Interesse insbesondere junger Menschen auf die vielfältigen Berufsperspektiven und Themen in der maritimen Branche zu lenken.
Mit Studien und praxisnahen Informations- und Austauschformaten geben wir maritimen Stakeholdern Wissen und Werkzeuge für die erfolgreiche Gestaltung ihrer digitalen Kommunikationsaktivitäten an die Hand.
Aufgebaute Kompetenzen gilt es in die Tat umzusetzen – vorhandene Potenziale wollen ausgeschöpft werden: Um die Vielfalt und Systemrelevanz der maritimen Branche in den Köpfen der Talente sichtbar zu machen und sie für die „maritime Familie“ zu begeistern, braucht es gemeinschaftliche Maßnahmen und die Bemühungen jeder einzelnen Organisation – sei es aus Wirtschaft, Forschung oder Politik.
Als Deutsches Maritimes Zentrum sehen wir es als unsere Aufgabe, die maritimen Stakeholder an einen Tisch zu bringen und die Umsetzung gemeinsamer strategischer Kommunikationsaktivitäten anzustoßen und zu koordinieren.