Helena Rapp
Referentin europäische Initiativen und Förderprogramme in der maritimen Branche
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E-Mail: Rapp[at]dmz-maritim.de
Inhaltsverzeichnis
Exzellente Forschungslandschaft und Innovationskraft Deutschlands erneut bestätigt
Deutschland ist im Jahr 2023 erneut Spitzenreiter beim Einwerben von Fördermitteln aus dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont Europa. Mit einem Netto-Fördermittelzufluss von 2,39 Mrd. Euro aus dem Programm Horizont Europa im Jahr 2023 belegt die Bundesrepublik erneut den Spitzenplatz, gefolgt von Frankreich (1,64 Mrd. Euro) und Spanien (1,58 Mrd. Euro). Ein genauerer Blick in das Horizon Dashboard [1] zeigt, dass rund die Hälfte der Mittel im Rahmen von Forschungs- und/oder Innovationsmaßnahmen (RIA & IA) [2] vergeben wurden und zum großen Teil in die 2. Säule „Globale Herausforderungen und industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“ fließen. In der 1. Säule „Wissenschaftsexzellenz“, wurden 2023 fast ein Viertel aller Mittel verteilt, in den ersten fünf Monaten des Jahres 2024 sogar knapp 40%.
Erfreulich ist auch die Verteilung der Mittel im Maritimen Sektor: Deutsche Projektpartner konnten im betrachteten Zeitraum insgesamt ca. 171,5 Mio. Euro an Fördergeldern akquirieren.
- Etwa jeweils 15% der maritimen Projekte entfielen auf die Segmente „Schiffbau“ und „Schifffahrt“.
- Das Segment „Häfen und Logistik“ konnte knapp 5% an Fördermitteln akquirieren. Für dieses Segment stehen in Horizont Europa auch im Vergleich zu den anderen Segmenten weniger Mittel bereit. Hierbei bieten allerdings auch andere europäische Förderprogramme, wie „Connecting Europe Facility“ (CEF), interessante Möglichkeiten für deutsche Akteure.
- Es zeigt sich, dass das Segment „Meerestechnik“ mit rund 60% des Fördervolumens, den Schwerpunkt der maritimen Förderlandschaft in Deutschland bildet. Hierbei ist zu beachten, dass die Mittel in allen Säulen von Horizont Europa eingeworben wurden.
- Die beiden Segmente „Richtlinien und Politik“ sowie „Aus- und Weiterbildung“ konnten zusammen knapp 6% der Mittel, die in die maritime Branche in Deutschland geflossen sind, für sich verbuchen.
Quelle: CORDIS, eigene Erhebung
Horizont Europa – ein wichtiger Impulsgeber für die maritime Branche
Die EU-Fördermittel aus Horizont Europa spielen eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung der maritimen Branche in Deutschland. Sie ermöglichen es Unternehmen und Forschungseinrichtungen, in neue Technologien und innovative Lösungen zu investieren, die die Wettbewerbsfähigkeit stärken und Arbeitsplätze sichern.
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- Wie auch in den letzten beiden Auswertungen sichtbar, sind vor allem die deutschen Forschungsinstitute mit 52% Hauptempfänger der maritimen Fördermittel aus Horizont Europa; gefolgt von Wissenschaftseinrichtungen mit 19%, was die Ausrichtung von Horizont Europa als Forschungsrahmenprogramm untermauert.
- Große Unternehmen mit 17% und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit 10%, die die private Seite repräsentieren, konnten nicht ganz an die Ergebnisse der letzten Auswertung „Förderprogramme der EU“ durch das DMZ anknüpfen, was zum einen am kürzeren Auswertungszeitraum und zum anderen an der diesjährigen umfangreicheren Berücksichtigung der Säule „Wissenschaftsexzellenz“ liegt, in der private Partner weniger Mittel und Projektgelder beantragen können.
- In über 130 Projekten mit Beteiligung deutscher Einrichtungen und Unternehmen gehören die Helmholtz-Gemeinschaft, die Fraunhofer Gesellschaft, das Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt, das European Molecular Biology Laboratory, Siemens Energy, das Karlsruher Institut für Technologie sowie Air Liquide zu den größten Fördermittelempfängern.
Quelle: CORDIS, eigene Erhebung
Erfolgsfaktor für klimaneutrale Technologien: Zero Emission Waterborne Transport-Partnerschaft
Für die maritimen Segmente „Schiffbau“, „Schifffahrt“, „Häfen und Logistik“ standen in der Programmsäule „industrielle Wettbewerbsfähigkeit Europas“ in verschiedenen Clustern im diesjährigen Auswertungszeitraum [3] (03/2023-03/2024) entsprechende Fördermittel zur Verfügung. Durch die Partnerschaft Zero Emission Waterborne Transport (ZEWT) konnten, unterstützt von privaten Partnern, Ausschreibungen speziell für den maritimen Sektor realisiert und Fördermittel beantragt werden. Im betrachteten Zeitraum wurden über die ZEWT-Partnerschaft in vier Ausschreibungen sieben Projekte sowie in Cluster 5 im Bereich „Waterborne Transport“ in drei weiteren maritimen Ausschreibungen fünf Projekte mit einem Gesamtvolumen von 93 Mio. Euro gefördert. Erfreulich ist die Beteiligung von 17 deutschen Projektpartnern an neun der zwölf Projekte und die Fördermittelsumme von 10.318.559,50 Euro, die an maritime Stakeholder in Deutschland geflossen ist. Zu den geförderten Themen gehören unter anderem die sichere und effizienten Nutzung und Demonstration alternativer Kraftstoffe wie Ammoniak und Biomethanol, die Demonstration digitaler Tools zur Vermeidung von Emissionen bei Hafenanläufen; nachhaltiger Schiffbau mit dem Fokus auf Materialzirkularität; das Monitoring von Emissionen, sowie der grüne und vernetzte Binnentransport.
Die 17 vertretenen Partner in den maritimen Projekten aus Deutschland kommen sowohl aus großen Unternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Industrie als auch aus Wissenschaft- und Forschungseinrichtungen, die über ganz Deutschland verteilt sind. Dies steht repräsentativ für die Vielfalt maritimer Akteure in Deutschland. Gerade die große Anzahl an Beteiligungen an Projekten im Bereich der Zero Emission Waterborne Partnerschaft zeigt deutlich, dass die Arbeit in diesen Gremien Früchte trägt und innovative und attraktive Themen für die deutsche maritime Branche entwickelt hat. Eine aktive Mitarbeit in der Partnerschaft und bei Waterborne TP steht allen maritimen Stakeholdern offen. Das DMZ als Mitglied beider Gremien unterstützt dies gerne.
Quelle: GeoBasis-DE/BKG (2023) unter der Lizenz dl-de/by-2-0 (www.govdata.de/dl-de/by-2-0); CORDIS, eigene Erhebung
Koordinatensytem: UTM 32N, EPSG: 25832 – ETRS89
Meerestechnik im Fokus
Aufgrund des breiten Feldes der Marinen Forschung, abgebildet in der Programmsäule „Wissenschaftsexzellenz“ und durch die beiden komplementären Missionen „Restore our Oceans and Waters“ [4] und „Adaptation to Climate Change“ [5], steht vor allem das Segment Meerestechnik im Fokus der diesjährigen Auswertung der maritimen Fördermittel, die in Projekte mit deutscher Beteiligung geflossen sind. In diesem Segment stehen Fördermittel in nahezu allen drei Programmsäulen von Horizont Europa zur Verfügung, was sich in der Verteilung stark bemerkbar macht.
Rund zwei Drittel der maritimen Fördermittel, die mindestens einen deutschen Projektpartner einschließen, entfallen auf das Marktsegment Meerestechnik. Hier wird die Ausrichtung von Horizont Europa als Forschungsförderprogramm besonders deutlich, sind doch vor allem große Forschungs- und Wissenschaftsinstitutionen die Hauptempfänger der Mittel.
Für eine bessere Differenzierung dieses Segments wurde durch das Deutsche Maritime Zentrum zum ersten Mal eine Kategorisierung vorgenommen, um u.a. Kernförderbereiche und -themen abbilden zu können:
- Knapp ein Viertel der Fördermittel entfiel in den Bereich der Marinen Forschung und umfasst Forschungsinfrastrukturen sowie exzellente Wissenschaft (ERC-Grants). Die Fördersumme von 45 Mio. Euro für maritime Forschungsprojekte verdeutlicht die Exzellenz des maritimen Wissenschafts- und Forschungsstandortes Deutschland. Ein breites thematisches Spektrum, das von Erneuerbaren Energien über die Gesundheit mariner Ökosysteme bis hin zur Entwicklung von Unterwassertechnologien neben weiteren Forschungsgebieten reicht, kennzeichnet diese Ausnahmestellung. Zu den größten Fördermittelempfängern gehören hier, auch aufgrund der thematischen Ausrichtung beider Einrichtungen, das Geomar (Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung) in Kiel und das Alfred-Wegener-Institut (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung) in Bremen.
- Im Bereich Energiegewinnung wurden Projektfördermittel in Höhe von 19 Mio. Euro für Innovationen zur Entwicklung und Nutzung von Offshore Wind- und Solarenergie, Meeresenergie für Gezeiten- und Wellenkraftwerke sowie zur Wasserstoffproduktion eingeworben.
- Auch im Bereich Meeres- und Küstenschutz konnten Projekte mit deutschen Projektpartnern knapp 15 Mio. Euro für Themen wie beispielsweise küstennahe Infrastrukturmaßnahmen, Datenmonitoring der Gewässer sowie Schutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen von Ökosystemen, die zum Klimaschutz und zu Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel beitragen, akquirieren.
- Projekte, die Innovationen in der Nutzung und Produktentwicklung von Algen sowie die Weiterentwicklung von Technologien und Geschäftsmodellen im maritimen Nahrungsmittelsektor bearbeiten, wurden im Bereich Fischerei und Aquakultur mit 10 Mio. Euro gefördert.
- Weitere Projekte im Bereich Meerestechniken wurden zu unterschiedlichen Themen wie Kohlenstoffspeicherung, Erdbeobachtung, Meeresraumplanung, Ozeanforschung und Unterwassertechnik in Höhe von 12 Mio. Euro gefördert.
Auch im Bereich der Missionen, die erstmals im 9. Forschungsrahmenprogramm der EU eingeführt wurden, zeigen sich erste Ergebnisse. Allein 17 Projekte mit deutscher Beteiligung wurden im Auswertungszeitraum in den beiden Missionen „Gewässer“ und „Klima“ erfasst.
Das neue Arbeitsprogramm für Horizont Europa im Jahr 2025 verspricht weitere Chancen für die deutsche maritime Branche. Zahlreiche neue Ausschreibungen und Fördermöglichkeiten stehen in den Startlöchern für die Segmente Schiffbau, Schifffahrt, Häfen und Logistik und durch die ko-programmierte Partnerschaft ZEWT Fördermöglichkeiten in den maritimen Kernbereichen – stets aktuell im Maritimen Förderkompass Europa des Deutschen Maritimen Zentrums dargestellt.
[2] Forschungs- und Innovationsmaßnahmen (Research and Innovation Actions, RIA); Innovationsmaßnahmen (Innovation Actions, IA)
[3] Der Auswertungszeitraum für diese Auswertung beläuft sich auf Projekte mit einem Projektstart zwischen März 2023 und März 2024. Für die Auswertung konnte ein Projekt mit Projektstart im September 2024 nicht berücksichtigt werden, da das Startdatum zeitlich nach dem Publikationsdatum des Berichts liegt.
[4] Europäischen Kommission, EU Mission: Restore our Ocean and Waters, URL: https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-europe/eu-missions-horizon-europe/restore-our-ocean-and-waters_en (Stand: 29.05.2024).
[5] Europäische Kommission, EU Mission: Adaptation to Climate Change, URL: https://research-and-innovation.ec.europa.eu/funding/funding-opportunities/funding-programmes-and-open-calls/horizon-europe/eu-missions-horizon-europe/adaptation-climate-change_en (Stand: 29.05.2024).
Die Erkenntnisse liefert eine Analyse geförderter Projekte maritimer Ausrichtung mit Hilfe eines Mixed-Methods-Ansatzes mit explanativem/eingebettetem Design. Auf Basis der CORDIS-Datenbank der Europäischen Kommission und öffentlich zugänglichen Seiten der entsprechenden Akteure und Projekte wurden quantitative Daten erhoben und anhand statistischer Verfahren ausgewertet. In einem zweiten Schritt erfolgte die qualitative Interpretation der Daten sowie eine Diskussion und die fachliche Einschätzung der Ergebnisse innerhalb des Deutschen Maritimen Zentrums. Die Ergebnisse geben einen Überblick zu den maritimen Bereichen und Akteuren, die Fördermittel in Horizont Europa erhalten haben, sowie zur bundesweiten Verteilung der Mittel. Stichtag für die vorliegenden Ergebnisse ist der 31. März 2024.