Am 24. September 2020 fand die vom Deutschen Maritimen Zentrum organisierte Online-Fachveranstaltung „Leitfaden zur einheitlichen Regelung des Bunkerns von LNG in deutschen Seehäfen“ statt. Vertreter*innen von Behörden, Hafenbetreibern, Reedereien und Bunkerlieferanten sprachen über unterschiedliche Aspekte und Problematiken der LNG-Bebunkerung.
„Unser Anliegen ist es, den Ausbau und die Nutzung der wasser- und landseitigen LNG-Bunkerinfrastruktur in den deutschen Seehäfen zu fördern. Es ist daher wichtig, die Stakeholder aus unterschiedlichen Bereichen an einen Tisch zu bekommen“, so Claus Brandt, Geschäftsführer des Deutschen Maritimen Zentrums. „Wir wollen helfen, Transparenz herzustellen und dazu beitragen, dass die rechtlichen Regelungen für das Bunkern von LNG als Kraftstoff für Schiffe vereinfacht werden und lassen hierzu eine Studie erstellen, in die die Ergebnisse des heutigen Workshops einfließen werden“, fuhr er fort.
„Wir freuen uns, dass Experten aus so vielen Bereichen und Ländern zusammengekommen sind, um über gemeinsame Lösungen nachzudenken“, sagte Bärbel Kunze, Referentin Vorschriften und Standards beim Deutschen Maritimen Zentrum, denn „die Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen und Leitfäden in den einzelnen Ländern führt zu einer deutlichen Vereinfachung aller Prozesse zur LNG-Bebunkerung“.
Dr. Steffen Lüsse, Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein, betonte die Relevanz der Formulierung einheitlicher Verfahrensregeln bei der LNG-Bebunkerung in den deutschen Seehäfen: „Zum Bunkern von LNG ist in Schleswig-Holstein und auch in Deutschland insgesamt bisher fast immer eine Einzelfallgenehmigung erforderlich. Ich sehe hier Überarbeitungsbedarf für unsere Regelwerke.“
Im Anschluss erläuterte Thomas Rust den aktuellen Bearbeitungsstand der Studie, die Ramboll im Auftrag des Deutschen Maritimen Zentrums erstellt. Es schlossen sich Impulsvorträge der DEME Group sowie der Hafenbehörde Lübeck an, die einen Praxisbezug herstellten.
In den folgenden drei parallelen Workshops ging es um Fragen 1) der Risiko- und Gefährdungsanalyse, 2) der Regelungstexte und Verweise und 3) um den Prozess der Bunkeranfrage und SIMOPS (Gleichzeitigkeit von Umschlag und LNG-Bunkerprozess).
In Modul 1 lag der Schwerpunkt auf der Ermittlung von Sicherheitszonen, die die Sicherheit und die Effektivität des Schiffsverkehrs gewährleisten sollen und die betroffenen Personengruppen, wie Besatzungen und Passagiere, und Infrastruktur, wie z.B. Brücken oder Schleusen, schützen. Die Teilnehmer*innen sprachen sich dafür aus, bestehende Praxisleitfäden (v.a. EMSA Guidelines) bei der Erstellung von Risikoanalysen und Auslegungen von Bauvorschriften für LNG-Bunkerschiffe und -Empfänger zu verwenden.
Kontrovers wurde die Behandlung von LNG-Bebunkerungen (Modul 2) in Regelungstexten diskutiert, die bisher nicht auf die konkrete Behandlung von LNG eingehen, weshalb für die praktische Durchführung der Bunkervorgänge aktuell fast immer Einzelfallregelungen zum Tragen kommen müssen. Eine Ausnahme stellt die Hafenverordnung in Mecklenburg-Vorpommern dar, die das Bunkern tiefgekühlt verflüssigter Gase explizit erlaubt.
Die Teilnehmer*innen machten deutlich, dass die Fixierung allgemeingültiger Anforderungen auf Hafenebene innerhalb der Hafenbenutzungsordnungen nicht auf den Gestaltungsspielraum der Häfen bei der Genehmigungserteilung wirken dürfe. Die hafenspezifischen Besonderheiten in den deutschen Seehäfen sollen in der finalen Fassung des Leitfadens berücksichtigt werden.
Modul 3 befasste sich mit dem Prozess der Bebunkerung, und zwar mit den von den Häfen bereitgestellten Informationen auf der einen und den bereitzustellenden Dokumenten der LNG-Bunkerkunden und -Lieferanten auf der anderen Seite. Für die Häfen ist die Veröffentlichung von LNG-Bunkerkarten, die für die LNG-Bebunkerung zugelassene Hafenbereiche ausweisen, besonders hilfreich. Die von den Bunkerempfängern und -lieferanten zu erbringenden Informationen (z.B. Klassezeugnisse der Schiffe, Nachweis technischer Zulassungen) könnten die Basis für einen Anforderungskatalog bilden, der die Qualifikationskriterien zum Bunkern bestimmt.
In dem Modul wurden zudem Erfahrungen zur Gleichzeitigkeit von u.a. Umschlag- und LNG-Bunkerprozessen (SIMOPS) ausgetauscht und die Notwendigkeit der Etablierung eines möglichst einheitlichen Verfahrens bei der Genehmigung von SIMOPS betont.
Die Ergebnisse aus den drei Modulen wurden in der zweiten Plenumssitzung präsentiert und diskutiert. In einer Kurzumfrage: „LNG-Bebunkerungen in Regelungstexten – Wie sollen Sie zukünftig ermöglicht werden?“ votierten 49% der Befragten für eine Darf-Regelung: Landesrecht enthält einen Absatz zum grundsätzlichen Ermöglichen des Bunkerns von LNG.
Zum Abschluss der Veranstaltung sagte Claus Brandt: „Es gibt noch viele offene Punkte – aber ich habe heute viele Ansätze zur Harmonisierung gesehen. Ich freue mich, wenn wir in engem Austausch bleiben, denn ich bin sicher, dass es uns so gelingen wird, ein gutes Ergebnis zur Erstellung des Leitfadens zu erzielen.“
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Entwickelt werden soll ein Vorschlag für eine harmonisierte Rechts- und Verfahrenslage, um den Ausbau und die Nutzung der wasser- und landseitigen LNG-Bunkerinfrastruktur in den deutschen Seehäfen zu befördern. Hierfür soll eine Bestandsaufnahme bisheriger Vorschriften und Vorschläge der LNG-Bebunkerungsvorschriften in Seehäfen erstellt und der (für LNG als Schiffstreibstoff relevante) regulatorische Rahmen aus international bindenden Konventionen und geltenden inter-/nationalen und regionalen/lokalen Vorschriften untersucht werden.
Das Ziel der Studie ist es, fehlende Elemente zur Schaffung von Rechtssicherheit aufzuzeigen und Lösungsmöglichkeiten zu definieren. Weiterhin soll ein bundesweiter Leitfaden mit einheitlichen Regelungen zum Bunkern von LNG in deutschen Seehäfen erarbeitet werden. Dieser Leitfaden kann bei der Vorbereitung und Durchführung konkreter Projekte (wie z.B. Genehmigungsverfahren nach der Störfallverordnung) für die Prozessbeteiligten eine größere Beurteilungssicherheit schaffen.